
Stricken mit Links – ein Interview mit Sandra Bunjes
Seit vielen Jahren folge ich Sandra Bunjes, die sich mit Herzblut für linkshändig strickende Menschen einsetzt. Für viele Linkshänder:innen beginnt der Strickweg mit der Aufforderung: „Lern doch einfach mit rechts zu stricken.“ Doch wer einmal versucht hat, feinmotorische Tätigkeiten mit der „ungewohnten“ Hand auszuführen, weiß, wie schwer das sein kann. Sandra hat selbst vor 20 Jahren begonnen, sich mit viel Geduld ihrer Oma und Rechtshänder-Videos das Stricken mit links anzueignen. Heute gibt sie ihr Wissen weiter und unterstützt Stricker:innen, die linkshändig arbeiten, mit praktischen Tipps und ihrer Erfahrung. Nun ist mit Stricken mit Links im frechverlag ihr erstes Buch erschienen.
Stricken mit Links ist ein umfassendes Werk, das Grundlagen, Techniken, Schritt-für-Schritt-Erklärungen und acht ansprechende Projekte bereithält. Mit klaren Bildern, verständlichen Anleitungen und ergänzenden Videos bietet es endlich die Grundlage, die viele linkshändig strickende Menschen lange vermisst haben. Grund genug also, mit Sandra über ihr Buch, ihren Weg und ihre Motivation zu sprechen.
Liebe Sandra, stellst du dich bitte unseren Lesern kurz vor.
Sehr gern! Mein Name ist Sandra, ich bin 35 Jahre alt und lebe seit ein paar Jahren in Oberfranken. Neben meinem Job im Büro und meinem eigenen Online-Shop gehört meine große Leidenschaft dem Stricken, genauer gesagt dem Stricken mit links. Vor über 20 Jahren habe ich mir diese Technik mit viel Geduld, meiner Oma (übrigens mein größter Fan) und etlichen Rechtshänder-Videos beigebracht. Heute gebe ich dieses Wissen auf Instagram, meinem YouTube Kanal und nun auch in meinem ersten Buch weiter. Es freut mich sehr, linkshändig strickenden Menschen Mut zu machen und ihnen zu zeigen, dass ihr Strickweg ebenso wertvoll und richtig ist wie jeder andere.

Was hat dich damals dazu bewegt, mit dem Stricken zu beginnen – und warum war es dir wichtig, dabei deiner Linkshändigkeit treu zu bleiben?
So genau weiß ich gar nicht mehr, was mich damals zum Stricken bewegt hat. In der Schule habe ich es kurz versucht, aber meine Lehrerin hatte entweder keine Zeit oder keine Lust, mir das Stricken als Linkshänderin beizubringen, weil sie selbst Rechtshänderin ist. Ganz losgelassen hat mich die Idee trotzdem nicht. Also habe ich mit meiner Oma einen neuen Versuch gestartet und diesmal hat er geklappt. Sie meinte schon damals, ich hätte ein Talent und das hat mich natürlich sehr ermutigt.
Dass ich beim Stricken meiner Linkshändigkeit treu bleiben wollte, war für mich ganz selbstverständlich. Ich habe schon immer alles mit links gemacht – warum also nicht auch das? Mit rechts habe ich es einfach nicht begriffen, vielleicht fehlt mir da auch etwas die Kontrolle über meine Hand 😀 Mit links fühlt es sich für mich richtig und natürlich an.
Du hast dir das Stricken mit links größtenteils selbst beigebracht. Was ist der grundlegende Unterschied zum Stricken mit rechts?
Der grundlegende Unterschied liegt vor allem in der Bewegungsrichtung. Für Linkshänder:innen findet alles spiegelverkehrt statt: die Maschen liegen anders auf der Nadel und der Faden läuft in entgegengesetzter Richtung.
Viele hören als Linkshänder:in den Satz „Strick doch einfach mit rechts“. Was bedeutet das für Menschen, die die linke Hand bevorzugen und warum ist dieser Rat oft wenig hilfreich?
Den Satz höre ich oft und er ist für Linkshänder:innen leider nur selten hilfreich. Unser Gehirn arbeitet einfach anders, und Dinge „einfach so“ mit der ungewohnten Hand zu machen, fällt vielen schwer. Klar, ich kann zum Beispiel ab und zu auch mit rechts eine Schere benutzen, aber auf Dauer kostet das enorm viel Konzentration.
Stricken soll ja eigentlich entspannen – wenn man sich dabei aber ständig darauf konzentrieren muss, die rechte Hand korrekt zu führen, geht genau dieser entspannende Effekt verloren. Wer einmal versucht hat, dauerhaft „umzulernen“, kennt das: Viele Linkshänder:innen, die das Schreiben mit rechts gelernt haben, bevorzugen trotzdem die linke Hand für andere Tätigkeiten. Mein Rat: Die linke Hand nicht ignorieren, sondern das Stricken von Anfang an an die natürliche Bewegungsrichtung anpassen. Das macht Freude und fühlt sich richtig an.
Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, stricken eigentlich auch die Rechtshänder:innen „falsch herum“ – alles andere in unserem Alltag wird von links nach rechts gelesen, nur Strickschriften laufen in die andere Richtung 😉 Für Linkshänder:innen fühlt es sich daher ganz natürlich an, mit links zu stricken. Es ist also weniger die Frage von „richtig“ oder „falsch“, sondern eher eine Frage dessen, was sich für die eigene Hand und das eigene Gehirn stimmig anfühlt.
Dein Buch Stricken mit Links richtet sich speziell an Linkshänder:innen. Warum ist es so besonders im Vergleich zu klassischen Strickbüchern?
In den meisten Strickbüchern wird das Thema Linkshändigkeit gar nicht erst behandelt und wenn, dann oft falsch. Sie zeigen Fotos, die für Linkshänder:innen unpraktisch sind oder geben falsche Ratschläge, wie die Strickschrift einfach von links nach rechts zu lesen.
Ich habe das Buch so gestaltet, dass alles wirklich auf die linke Hand zugeschnitten ist. Die Schritt-für-Schritt-Bilder zeigen meine eigenen Hände in der richtigen Haltung und ein eigener Abschnitt erklärt, worauf man bei herkömmlichen Anleitungen achten sollte. So bekommen Linkshänder:innen endlich eine fundierte, praxisnahe Grundlage, ohne sich ständig anpassen zu müssen.

Im Grundlagenteil erklärst du viele Techniken Schritt für Schritt. Wie bist du dabei vorgegangen, damit wirklich jede:r die Bewegungen mit links nachvollziehen kann?
Ich habe mir zunächst angeschaut, wie klassische Strickbücher Techniken für Rechtshänder:innen erklären und dann überlegt, wie es für Linkshänder:innen passt. Anschließend habe ich die Schritte fotografiert und erklärt (manchmal gar nicht so einfach), weil es viel Detailarbeit war. Mein Ziel war es, dass jede:r die Bewegungen mit links wirklich nachvollziehen kann, ohne umdenken zu müssen. Die Bilder zeigen meine Hände in der natürlichen Haltung, sodass man die Techniken direkt nachmachen kann – fast wie bei einem persönlichen Strickkurs. Zusätzlich gibt es begleitende Videos, in denen man alle Schritte nochmal in Bewegung sieht.
Natürlich strickt jede:r ein bisschen anders und das ist völlig normal, so wie bei Rechtshänder:innen auch. Wenn man fünf Rechtshänder:innen beim Stricken zusieht, macht jede:r etwas ein wenig anders. Ich kann nur zeigen, wie ich stricke und so eine nachvollziehbare Grundlage bieten, von der aus jede:r seine eigene Technik weiterentwickeln kann.
In der Regel sind Anleitung, die angeboten werden, für Rechtshänder:innen konzipiert. Damit auch Linkshänder:innen diese Strickanleitungen nutzen können, empfiehlst du im Buch, sie nicht zu spiegeln, sondern einfach gedanklich auf links zu übertragen. Warum ist dieser Weg deiner Meinung nach der einfachere und bessere?
Im Laufe meiner Strickzeit ist mir aufgefallen, dass viele Linkshänder:innen glauben, Anleitungen zunächst umschreiben zu müssen, damit sie für sie passen. Ich selbst habe das nie getan, weil am Ende doch der gleiche Text herauskommt – nur, dass ich die Anweisungen gedanklich auf meine linke Hand übertrage.
Ich empfehle deshalb, die Anleitungen nicht zu spiegeln, sondern sie einfach „gedanklich auf links“ zu übertragen. Für mich ist das der einfachere Weg: Man behält die Struktur der Anleitung bei und kann sich auf das Wesentliche konzentrieren: die Maschen und Techniken. Im Buch habe ich versucht, das so zu erklären, dass es nachvollziehbar ist, auch wenn es manchmal gar nicht so leicht in Worte zu fassen war.
In Stricken mit Links finden sich auch acht Projekte – vom Stirnband über Socken bis zum Cardigan. Eine tolle Auswahl. Was war dir bei den Anleitungen zu deinen Designs wichtig, um linkshändig strickenden Menschen den Einstieg und das Weiterarbeiten zu erleichtern?
Mir war wichtig, dass die Projekte im Buch so gestaltet sind, dass Linkshänder:innen sich wirklich auf das Stricken konzentrieren können, ohne ständig überlegen zu müssen, an welcher Stelle des Pullovers sie sich befinden oder wie sie eine Strickschrift aus ihrer Perspektive lesen. Die Anleitungen sind also komplett auf Linkshänder:innen ausgelegt und bieten ein „Grundgerüst“, mit dem man die Techniken sicher beherrscht.

Außerdem habe ich bewusst möglichst schlichte Designs ausgewählt, die sich zum Beispiel mit verschiedenen Farben variieren lassen. So kann man ein wenig Abwechslung hineinbringen, ohne dass die Projekte komplizierter werden. Wenn man diese Grundlagen einmal verinnerlicht hat, fällt es später auch leichter, Anleitungen für Rechtshänder:innen zu lesen und zu stricken. Mein Ziel war es also, den Einstieg und das Weiterarbeiten so unkompliziert und flexibel wie möglich zu gestalten, damit Stricken Spaß macht und motiviert.
Welches der Projekte ist dein persönliches Lieblingsstück – und warum?
Ganz klar: Mein Lieblingsprojekt sind die Socken – die stricke ich einfach am liebsten! 😀 Aber auch der Pullover hat einen besonderen Platz in meinem Herzen, weil er aus meiner selbst gefärbten Wolle entstanden ist. Es macht einfach etwas Besonderes aus, wenn man die eigene Farbkreation später tragen kann.

Du begleitest viele linkshändig strickende Menschen auch online. Welche Fragen oder Schwierigkeiten begegnen dir dabei immer wieder?
Online begegnen mir immer wieder ähnliche Fragen und Schwierigkeiten. Viele Linkshänder:innen haben am Anfang Probleme mit den rechten Maschen – oft werden sie versehentlich verschränkt gestrickt. Außerdem tauchen immer wieder Verständnisfragen bei Anleitungen auf: Zum Beispiel, ob der rechte Ärmel bei ihnen der linke ist oder wo genau Abnahmen gesetzt werden müssen. Auch besondere Techniken, wie das italienische Abketten, bereiten manchen Schwierigkeiten.
Was wünschst du dir für die Zukunft: mehr Bewusstsein für Linkshänder:innen im Strickbereich, oder vielleicht sogar noch weitere Bücher?
Auf jeden Fall! Ich fände es großartig, wenn es mehr Bewusstsein für Linkshänder:innen im Strickbereich gäbe. Neulich habe ich erst gesehen, wie eine Linkshänderin auf YouTube genau deswegen kritisiert wurde – und das geht gar nicht. Ich würde mich freuen, wenn Designer:innen von Strickanleitungen Linkshänder:innen stärker berücksichtigen: sie bei Teststricks einbeziehen und Tipps direkt in den Anleitungen geben. (Dazu darf man übrigens auch gerne auf mich zukommen 😉)
Persönlich würde ich außerdem sehr gerne ein Buch fürs Häkeln mit links machen, denn viele starten ja damit. Damit das realistisch wird, wäre es hilfreich, wenn Betroffene beim Verlag nachfragen würden – so sehen sie, dass der Bedarf da ist. Natürlich hängt das auch davon ab, wie das Strickbuch aufgenommen wird, aber es wäre ein großer Schritt, um die Idee weiterzutragen.
Liebe Sandra, herzlichen Dank für das inspirierende Gespräch und dafür, dass du uns einen so umfassenden Einblick in dein Buch Stricken mit Links gegeben hast. Ich bin begeistert, wie gründlich und verständlich du wirklich alle Aspekte des linkshändigen Strickens erklärst – angefangen bei den Materialien und den wichtigsten Werkzeugen, über die verschiedenen Stricktechniken, bis hin zu den unverzichtbaren Abschlüssen wie Blocken, Fäden vernähen und Nahttechniken. Dein Buch ist damit nicht nur ein idealer Begleiter für alle, die linkshändig das Stricken lernen möchten, sondern auch ein wertvolles Nachschlagewerk für erfahrene linksstrickende Stricker:innen.
„Mit links stricken war noch nie so einfach – dank Stricken mit Links.“

Infos zum Buch
Stricken mit Links
von Sandra Bunjes
Verlag: frechverlag GmbH
Buch: Hardcoverbuch, 112 Seiten
ISBN: 978-3-7358-7173-2
Preis: 19,99 € (D), 20,60 € (A)
- Bunjes, Sandra (Autor)
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