Herzlich willkommen zu unserem exklusiven Interview mit der Strick- und Häkeldesignerin Sarah Prieur, auch bekannt als @sapri_design auf Instagram. Ich habe Sarah im Jahr 2021 im Rahmen unseres Sockenstricken-Knitalongs kennengelernt, als sie die wunderschönen LovisSocks gestrickt hat. Seitdem verfolge ich gespannt ihre kreativen Projekte und ihre inspirierenden Nadelgeschichten in ihrem YouTube-Podcast. Sarah hat kürzlich ihr neues Buch mit dem Titel Roosimine Socken stricken – Nordisch stricken in der estnischen Inlay-Technik veröffentlicht. In diesem Buch bietet sie nicht nur eine vielfältige Grundlage zum Sockenstricken an, sondern teilt auch ihre Expertise in der besonderen Roosimine-Technik aus Estland. Wir freuen uns darauf, mehr darüber zu erfahren und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Hallo Sarah, ich danke dir herzlich, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst. Könntest du dich unseren Lesern kurz vorstellen und uns etwas über deinen Werdegang als Strickdesignerin erzählen?
Hallo, vielen Dank für die Einladung zum Interview, ich freue mich ein bisschen über mein neues Buch erzählen zu dürfen. Gerne stelle ich mich zunächst einmal vor, ich bin Sarah, 37 Jahre alt, und wohne mit meinem Mann in unserer Wahlheimat München. Ich bin in einem kreativen Haushalt am Niederrhein großgeworden, mein Opa hat gemalt und mit Holz gearbeitet, meine Oma und meine Mutter haben beide genäht, gehäkelt und gestrickt. Für mich war es also völlig normal und gehörte zum Alltag sich gemütlich mit einer Tasse Tee hinzusetzen und etwas Kreatives mit den Händen zu machen. Alle Grundlagen fürs Handarbeiten habe ich als Kind von meiner Mama und meiner Oma gelernt, in den Teenagerjahren ist das etwas in den Hintergrund gerückt, aber auch da gibt es Fotos von mir wie ich stricke.
Nach dem Abitur bin ich nach Düsseldorf gezogen und habe Modernes Japan (Ja, auch die Sprache) und Anglistik studiert. Gegen Ende des Studiums, das war 2010, hatte ich wieder große Freude am Handarbeiten, vor allem am Nähen und Häkeln, und habe einen Dawanda Shop eröffnet, in dem ich meine fertigen Projekte verkauft habe. Als die DIY Community immer größer wurde, habe ich gemerkt, dass es einen großen Bedarf für Anleitungen gibt, weil immer mehr Menschen selber häkeln oder stricken wollen, anstatt z. B. einen Schal zu kaufen. Das kam mir sehr entgegen, weil ich viele Ideen für neue Projekte, Formen und Muster hatte. Und so habe ich mich zusammen mit unserer kreativen Community immer weiterentwickelt, zunächst Einzelanleitungen auf verschiedenen Plattformen angeboten und in den letzten Jahren Strick- und Häkelbücher veröffentlicht.
Wie kamst du dazu, das Sockenstricken in deinem Buch Roosimine Socken stricken in den Blick zu nehmen und was fasziniert dich besonders an der Roosimine-Technik?
Es gibt ja unter StrickerInnen den schönen Spruch “Socken gehen immer” und das finde ich auch. Socken sind ein schönes kleines Projekt, das man auch mal schnell, für ein bisschen Abwechslung, neben einem größeren Projekt anschlagen kann. Selbstgestrickte Socken sind immer kuschelig und haben etwas Gemütliches, sie sind ein liebevolles Geschenk und passen immer, auch wenn sich die Konfektionsgröße mal ändert. Und sie sind eine gute Leinwand um neue Muster oder Techniken auszuprobieren, bevor man sich an ein großes Projekt, wie z. B. einen Pullover, wagt. Für mich also die perfekte Möglichkeit die Roosimine-Technik zu zeigen und viele verschiedene Muster zu entwerfen. Auch in Estland wird die Roosimine-Technik traditionell vor allem auf Socken, aber auch auf Handschuhen, angewendet.
Mich fasziniert an der Roosimine-Technik, dass sie eigentlich ein bisschen gröber ist und trotzdem so schick aussieht. Die Spannfäden, die man sonst im Inneren eines Strickstückes verstecken will, werden hier in den Vordergrund geholt und zum Star gemacht. Und dabei ist die Roosimine-Technik für Colorwork AnfängerInnen auch noch viel leichter zu meistern als andere Techniken beim mehrfarbigen Stricken.
Wie würdest du die Roosimine-Technik für jemanden beschreiben, der noch nie davon gehört hat?
Ich würde es vielleicht so beschreiben: “Die Roosimine-Technik ist eine estnische Intarsien-Technik. Das Besondere an dieser Technik ist, dass die Fäden in kontrastierenden Farben nicht gestrickt, sondern als Spannfäden vor die Arbeit gelegt werden. Diese Spannfäden bilden auf der Vorderseite ein Muster, das wie Stickerei aussieht.”
In deinem Buch Roosimine Socken stricken gibt es viele Grundlagen und Techniken sowohl zum Stricken als solches wie auch zum Sockenstricken. Was war die größte Herausforderung beim Zusammenstellen dieses umfassenden Leitfadens?
Die größte Herausforderung war es wohl, nichts zu vergessen. (lacht) Nein, im Ernst: man denkt immer, sind die Grundlagen einmal geschrieben, können sie für jedes Buch übernommen werden, aber das stimmt nicht. Neben den absoluten Basics, schaut man natürlich noch danach, welches spezielle Wissen notwendig ist, um den Anleitungen gut folgen zu können. Dann wollte ich die Roosimine-Technik, um die sich alles dreht, möglichst gut und einfach erklären. Und damit es, obwohl es immer wieder nur Socken sind, abwechslungsreich bleibt, habe ich versucht viele verschiedene Techniken für Bündchen und Fersen zu nutzen und dementsprechend auch in den Grundlagen zu erklären.
Bei deinen Projekten im Buch wird es nie langweilig, denn du nutzt immer wieder andere Techniken zum grundlegenden Stricken deiner Socken. Kannst du uns einen kleinen Einblick darüber geben?
Ich liebe es, selber immer wieder neue Techniken auszuprobieren und das spiegelt sich natürlich auch in meinen Anleitungen wider. Auch wenn Socken immer gehen, ist es doch schön, wenn die Abwechslung nicht nur durch Farben und Muster, sondern auch durch verschiedene Techniken ins Spiel kommt. Die Meisten (ich auch) stricken ihre Socken vom Bündchen zur Spitze, da ist es doch richtig spannend es einmal andersrum zu versuchen und Toe-up zu stricken.
Während die verschiedenen Bündchen einen dekorativen Effekt haben, sind die unterschiedlichen Fersen für eine gute Passform wichtig und können zusätzlich genutzt werden, um einen Effekt zu erzielen. Die Käppchenferse kann man z. B. gut für einen farblichen Akzent nutzen und die Zunahmeferse besticht durch ihre Form.
Für mich ist es wichtig, dass man mit meinen Anleitungen selber kreativ werden kann, indem man sie untereinander mischt.
Ich freue mich sehr darüber, wenn meine Projekte so gut gefallen, dass man sie eins zu eins umsetzt, aber ich liebe es andere Menschen zu inspirieren, selber kreativ zu werden und ganz eigene Modelle zu kreieren.
Sarah Prieur
Neben den verschiedenen Stricktechniken bestechen die Socken durch wunderschöne Roosimine-Muster, mit einer großen Bandbreite an Möglichkeiten. Du zeigst, dass einige komplett in der Runde gearbeitet, während andere nur über einen Teil der Socke geführt werden. Welche Inspiration steckt hinter dieser Vielfalt?
Wahrscheinlich ist ein Grund für die Vielfalt, dass ich generell nicht sonderlich entscheidungsfreudig bin und gerne von allem ein bisschen habe, ich mag viele verschiedene Dinge und finde auch, dass man sich nicht auf einen Stil festlegen muss. Ich liebe Abwechslung. (lacht)
Bei den Roosimine-Mustern war es mir genauso wichtig, viele Möglichkeiten anzubieten.
Auch wenn die Technik die Gleiche ist, sollten die Muster abwechslungsreich sein. Es gibt grafische, florale und verspielte Muster, manche davon sind einfacher und kleiner und daher gut zum Ausprobieren geeignet, während andere schon anspruchsvoller sind. Wenn das Muster nur über einen Teil der Socke geht, muss man sich etwas weniger Gedanken um die Fadenspannung machen, als bei Mustern die komplett in der Runde gearbeitet werden.
Könntest du uns mehr darüber erzählen, wie du Farben geschickt einsetzt, um die Roosimine-Muster besonders hervorzuheben?
Um die Roosimine-Muster besonders hervorzuheben, habe ich mich dafür entschieden, die Hauptfarben der Socken, also den Untergrund als Leinwand für die Muster schlicht zu halten. Die Garne sind schlicht einfarbig (bis auf zwei Tweedgarne, die einen kleinen Effekt mitbringen) und die Musterfarben haben einen hohen Kontrast um sich abzuheben.
Welche Tipps und Ratschläge würdest du Strickern geben, die gerade erst mit der Roosimine-Technik beginnen, um erfolgreich durch deine Anleitungen zu kommen?
Nimm dir Zeit, probiere ein bisschen aus, sei geduldig mit dir selbst und bleib dran. Wenn man eine neue Technik ausprobiert wird es beim ersten Mal nicht perfekt. Wenn doch: Herzlichen Glückwunsch! (lacht)
Und was ich selber im Laufe der Jahre gelernt habe: Stricke das Projekt fertig, auch wenn du auf halber Strecke denkst, dass es dir nicht gefällt, oft ist das Gesamtbild am Ende doch viel besser als gedacht und das Waschen und Spannen macht noch mal einen großen Unterschied.
Für die Roosimine-Technik im speziellen solltest du darauf achten, dass die Farben genug Kontrast haben. Um ein Gefühl für die Fadenspannung zu bekommen ist es leichter erstmal ein Muster zu nehmen, das nur über einen Teil der Runde gestrickt wird.
Eine interessante Frage zum doppelten Faden: Wie nutzt du den doppelten Faden bei den Roosimine-Mustern? Nimmst du den Anfangs- und Endfaden aus dem Wollknäuel oder wickelst du einen Teil zu einem separaten Knäuel mit doppeltem Faden?
Für die Roosimine-Muster, die doppelfädig gestrickt werden, schneide ich einen langen Faden ab und lege ihn doppelt. Wenn er nicht für das ganze Muster reicht, nehme ich einfach noch einen weiteren doppelten Faden. Anfangs- und Endfaden oder auch mehrere Knäuel werden bei mir schnell ein großes Chaos und ich muss mehr entknoten als ich stricken kann. (lacht)
Deine Sockenmuster reichen von klassisch bis zu Sneakersocken. Welches Paar aus dem Buch ist dein persönlicher Favorit und warum?
Das ist eine Frage, die ich mir selber schon ein paar mal gestellt habe, die ich aber tatsächlich nicht beantworten kann. Bei mehreren Modellen denke ich jedes Mal, “das ist mein Favorit” und dann sehe ich ein anderes Modell und denke “das ist mein Favorit.” (lacht) Ich kann mich wirklich nicht entscheiden, aber es gibt es paar Modelle, die ich besonders mag:
“Veli” wegen der Farben und des grafischen Musters.
“Pinja” weil es Toe-up gestrickt wird, ein kuscheliges, dickes Bündchen und ein zartes Muster hat.
“Reelika” da das Muster so gut wirkt, weil es über die komplette Vorderseite geht.
“Veiko” weil ich unbedingt ein Muster mit Farbwechsel machen wollte und mein Mann Marcel mir dabei geholfen hat, das richtige Garn zu finden (wir haben wirklich ewig Knäuel neben Knäuel gehalten, bis wir die richtige Kombi hatten). Ich mag wie rustikal es wirkt und trotzdem so einen zarten Zweig als Motiv hat.
“Kalev” wegen der vielen verschiedenen Farben.
“Kaisa” das Covermodell, wegen dem besonderen Bündchen mit Mäusezähnchen und weil ich finde, dass die Roosimine-Technik hier auf eine besondere Art zur Geltung kommt.
“Talvi” weil es zart und elegant ist, das Roosimine-Muster wie Lavendel wirkt und so schön vom falschen Zopfmuster eingefasst wird.
Ok, kürzen wir das an dieser Stelle ab. 😀 Ich habe einfach so viel Liebe und Herzblut in jedes einzelne Modell gesteckt, dass ich sie alle liebe.
Für wen eignet sich dein Buch? Ist es eher für Anfänger oder fortgeschrittene Stricker gedacht?
Mein Buch eignet sich definitiv für Anfänger und fortgeschrittene StrickerInnen. Mit den Grundlagen und vielen Bildern, die die Roosimine-Technik und andere speziellere Techniken zeigen, ist es anfängerfreundlich. Und auch die Roosimine-Technik ist, wenn man sich an Colorwork-Technik wagt, ein guter Einstieg. Fortgeschrittene StrickerInnen finden viele abwechslungsreiche Socken-Anleitungen und können sich kreativ austoben.
Abschließend, welche Projekte und Abenteuer stehen als nächstes auf deiner Strickagenda? Gibt es etwas, worauf wir uns in Zukunft freuen können?
Im April erscheint bereits mein nächstes Buch “Mein tierisch lustiges Strickliesel Buch”, ein Bastelbuch für Kinder. In dem Buch zeige ich wie man aus Stricklieselschnüren 20 niedliche Tiere wie z. B. Faultier, Flamingo und Zebra basteln kann. Darauf freue ich mich schon sehr!
Aktuell arbeite ich bereits an ein paar neuen Strickanleitungen, die es dann im Laufe des Jahres einzeln zum Download geben wird. Hier liegen auch noch ein paar UFOs rum, bei mir wird es definitiv nicht langweilig. Ansonsten geht es mir genauso wie vielen anderen Kreativen: “zu viele Ideen zu wenig Zeit” (lacht)
Auf meinem Instagram Account @sapri_design nehme ich euch mit in meinen Alltag als Designerin und zeige woran ich grade arbeite.
Liebe Sarah, vielen herzlichen Dank für deine interessanten Antworten. Es hat mir Spaß gemacht, mich mit dir über dein Buch „Roosimine Socken stricken“ zu unterhalten und dabei mehr über diese wunderschöne, traditionelle Stricktechnik aus Estland zu erfahren.
Infos zum Buch
Roosimine Socken stricken
Nordisch stricken in der estnischen Inlay-Technik in den Größen 36/37 bis 44/45
von Sarah Prieur
aus dem EMF-Verlag
ISBN 978-3-7459-2071-0
ca. 128 Seiten, 20,5 x 24,1 cm
Buch 20,00 € | E-Book 15,99 €
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